Gehören Kryptowährungen ins Portfolio von Pensionskassen?

Gehören Kryptowährungen ins Portfolio von Pensionskassen?

Trotz massiver Korrektur ist das Thema Kryptowährungen topaktuell. Die hohen Renditen rechtfertigen eine intensive Beschäftigung mit der neuen Anlageklasse, deren Risiken nicht unbeachtet bleiben sollten. Da sich diese junge Anlageklasse in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hat, stellt sich die Frage: Erobern Kryptowährungen bald die Portfolios von Pensionskassen?

Die Marktkapitalisierung von Kryptowährungen ist seit dem Allzeithoch von knapp über 3 Billionen US-Dollar gegen Ende des letzten Jahres im Verlauf dieses Sommers auf weniger als 1 Billion US-Dollar gesunken. Trotz dieser dramatischen Korrektur lohnt sich ein genauerer Blick auf diese Anlageklasse. Insbesondere stellt sich die Frage, ob eine Allokation für Schweizer Vorsorgeeinrichtungen sinnvoll ist.

Die Erwartung

Dramatisch hohe Renditen und fehlende Korrelation zu traditionellen Anlageklassen – eine weit verbreitete Erwartung an Kryptowährungen, die sich seit geraumer Zeit verfestigt hat. Diese Eigenschaften lassen die junge Anlageklasse als perfekte Portfolioergänzung erscheinen. Doch ist das wirklich so?

Die Realität - Eigenschaften der jungen Anlageklasse

Was zeichnet Kryptowährungen als Anlageklasse aus?  

  1. Risiko-Rendite: Es ist richtig, dass die Anlageklasse selbst, unter Berücksichtigung der jüngsten Korrektur, atemberaubende Gewinne erzielen konnte, doch sollte die damit einhergehende Volatilität nicht vernachlässigt werden. Da Anleger wie Pensionskassen laufende Auszahlungen sicherstellen müssen, stellen für sie Volatilität und Drawdowns eine Herausforderung dar.
  2. Bewertung: Die Prognose des Rendite-Risiko-Profils gestaltet sich schwierig. Obwohl es verschiedene Bewertungsansätze gibt, herrscht bisher wenig Einigkeit darüber, wie Kryptowährungen bewertet werden sollen. Ausserdem erschwert die kurze Performancehistorie die Bewertung. Die meisten Kryptowährungen sind deutlich jünger als der im Jahr 2009 geborene Bitcoin. Darüber hinaus ist die Schwankungsbreite bestehender Prognosen sehr gross. Während Proponenten in den nächsten Jahren grosse Gewinne prognostizieren, sehen andere keinen intrinsischen Wert in der Anlageklasse. Derart unsichere Prognosen sprechen nicht für eine Aufnahme ins Portfolio einer Pensionskasse. Neben der schwer zu prognostizierenden Rendite stellt auch die weiterhin zu erwartende hohe Volatilität der Anlageklasse ein Problem dar.
  3. Fehlende laufende Erträge: Kryptowährungen erzielen allein durch das Halten keine laufenden Erträge, anders als zum Beispiel Dividenden bei Aktien. Dies allein ist aber noch kein Grund, von einer Anlage abzuraten. Auch bei Aktien sind Dividenden nur ein Teil der Rendite. Kapitalgewinne machen oft den grösseren Teil der Gesamtrendite aus. Gold und Kunst bringen ebenfalls keine laufenden Erträge, können aber trotzdem eine sinnvolle Portfolioergänzung sein (Stichwort Diversifikation). Ausserdem können auch mit gewissen Kryptowährungen laufende Erträge erzielt werden. Nämlich dann, wenn diese zur Validierung der Blockchain genutzt werden (Staking von Kryptowährungen, die auf einem Proof of Stake Mechanismus basieren). Allerdings sind Staking-Renditen typischerweise volatiler als laufende Renditen bei traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen. 
  4. Korrelation: Kryptowährungen galten lange als unkorreliert zu traditionellen Anlageklassen. Mit zunehmender Institutionalisierung ist die Korrelation zu Aktien, insbesondere zu Technologieaktien, in letzter Zeit aber stark angestiegen. Auch zukünftig ist zu erwarten, dass Kryptowährungen stärker durch das Makroumfeld beeinflusst werden. Damit dürfte die Diversifikation geringer sein als in den Anfangsjahren der Anlageklasse.

Zusammenfassend betrachtet gestaltet sich die Modellierung der Anlageklasse schwierig. Auch die Eigenschaften der Anlageklasse können sich mit zunehmender Reifung noch ändern.

Nicht ohne ESG Risiken

Neben der Schwierigkeit, die Anlageklasse zu bewerten, müssen verschiedene ESG Risiken berücksichtigt werden.

Environment - Energieverbrauch: Insbesondere der hohe Energieverbrauch von Kryptowährungen wird oft undifferenziert beanstandet. Der Verbrauch hängt massgeblich vom Validierungsmechanismus ab. Ein Proof of Work Mechanismus, PoW, wie z.B. bei Bitcoin, benötigt wesentlich mehr Energie als ein Proof of Stake Mechanismus (PoS). Am Beispiel von Ethereum kann dies eindrücklich illustriert werden. Hier wurde der Validierungsmechanismus vor Kurzem umgestellt. Dies führte zu einer massiven Reduktion des Energiekonsums. Jüngere Krypto-Projekte präsentieren sich tendenziell «grüner» und setzen seltener auf den PoW Mechanismus. Das Problem des hohen Energieverbrauchs betrifft vor allem Bitcoin. Aufgrund seines hohen Marktanteils fällt dieser jedoch besonders ins Gewicht.

Social – Cyberkriminalität: Kryptowährungen kämpfen mit dem Ruf, des Öfteren im Zusammenhang mit kriminellen Geschäften genutzt zu werden. Nicht zuletzt, weil Kryptowährungen von keiner zentralen Behörde verwaltet werden. In der Folge ist es schwierig, die Täter krimineller Transaktionen zu identifizieren.

Governance – Regulierung: Verglichen mit herkömmlichen Anlageklassen sind Kryptowährungen auf verschiedenen Ebenen weniger reguliert. Obwohl sich in den letzten Jahren viel getan hat, ist das Mass an Regulierung und damit die Sicherheit und der Schutz für Investoren geringer als bei traditionellen Anlageklassen.

Wäre eine Anlage durch Schweizer Pensionskassen aus regulatorischer Sicht möglich?

Da Kryptowährungen nach BVV 2 als Alternative Anlagen klassifiziert werden, ist eine Anlage für Schweizer Pensionskassen innerhalb der Beruflichen Vorsorge (2. Säule) aus regulatorischer Sicht grundsätzlich möglich.

Pensionskassen dürfen aufgrund ihrer treuhänderischen Sorgfaltspflicht keine grossen Risiken eingehen. Gegenüber weniger etablierten Anlageopportunitäten sind sie darum tendenziell skeptisch. Kryptowährungen sind als Anlageklasse noch recht jung. Dies zeigt sich auch in dem bisher kaum institutionalisierten Produkt- und Asset Management Angebot. Das birgt für Investoren weitere Risiken. Bis Kryptowährungen den Weg ins Portfolio von Schweizer Pensionskassen finden, dürfte es deshalb noch eine Weile dauern. 

Bei der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) gibt es einen wesentlichen Unterschied zur 2. Säule. Bei der Säule 3a ist der Anspruchsberechtigte gleichzeitig der Entscheidungsträger. Hier entscheidet der Anspruchsberechtigte selbst, welche Risiken für ihn vertretbar sind. Im Bereich der Säule 3a gibt es bereits Möglichkeiten, Vorsorgegelder in Kryptowährungen anzulegen.

Fazit: Interessant, aber noch verfrüht

Die nachweislich exorbitanten Renditen rechtfertigen einen intensiven Blick auf diese neue Anlageklasse. Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch noch viele Unsicherheiten und Risiken, die eine Aufnahme der Anlageklasse ins Portfolio einer Pensionskasse behindern. Da sich die Anlageklasse jedoch rasant weiterentwickelt, könnten Kryptowährungen einst eine valide Portfolioergänzung darstellen. Mit der Beseitigung der derzeitigen Risiken werden aber wohl auch die Renditen abnehmen. Wir behalten die Anlageklasse im Blick und schliessen eine Investitionsempfehlung zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus.

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