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Märkte und Trends
Sprechen wir zunächst über die Märkte und Trends. In den vergangenen ein bis zwei Jahren ist viel passiert. Der Krieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt, steigende Zinssätze, verschiedene neue Regierungen in zentralen Infrastrukturmärkten, vor allem in den USA. Was bedeutet das alles für die Infrastruktur?
Ravi Parekh: Wir beobachten einen wachsenden Bedarf an privaten Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, da die Staatsfinanzen weiterhin unter Druck bleiben.
Gleichzeitig wird die Energiewende in wichtigen Infrastrukturmärkten weiterhin vorangetrieben. Dies eröffnet Chancen in Bereichen wie intelligente Stromzähler, Elektromobilität, Batteriespeicher und Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen. Die Nachfrage steigt weiter durch die ökologischen Ambitionen bestimmter Regierungen. Hinzu kommt das Streben nach Energieunabhängigkeit gegenüber dem Ausland. Auch der enorme Energiebedarf der digitalen Infrastruktur und des elektrischen Verkehrs trägt dazu bei.
Zudem erwarten wir steigende Investitionen in die digitale Infrastruktur, angetrieben durch den weltweit steigenden Bedarf an Konnektivität/Vernetzung.
Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ihrem Kundenstamm angesichts der globalen Präsenz von GCM Grosvenor und Ihrer Interaktion mit Anlegerinnen und Anlegern auf der ganzen Welt?
Ravi Parekh: Wir sind in der glücklichen Lage, mit einigen der grössten und anspruchsvollsten institutionellen Anleger der Welt zusammenzuarbeiten. Zwar hat jede Anlegerin und jeder Anleger eigene Prioritäten, doch konnten wir einige regionale Trends ausmachen: Asiatische Anleger konzentrieren sich aufgrund der starken Währungsabwertung auf die Rendite lokaler Vermögenswerte, europäische Anleger setzen weiterhin auf die Energiewende und die Vermeidung fossiler Brennstoffe. Nordamerikanische Anleger legen in der Regel den Schwerpunkt auf höhere Renditen.
Unserer Ansicht nach variieren die Prioritäten zwar je nach Region und Anlegertyp, doch der Bedarf an Infrastrukturinvestitionen war – angetrieben durch Globalisierung, Urbanisierung und Digitalisierung – noch nie so hoch wie heute. Wir freuen uns, unseren Anlegerinnen und Anlegern dabei zu helfen, diese Chancen zu nutzen.
Christian Jost, Sie wohnen in der Schweiz. Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Schweizer Anlegerinnen und Anlegern?
Christian Jost: Die Nachfrage nach Infrastrukturanlagen hat im Laufe der Jahre kontinuierlich zugenommen. Zwar hat sich die Wachstumsrate in den letzten zwei Jahren durch den Denominator-Effekt und steigende Zinsen etwas verlangsamt. Doch die Anlageklasse hat mit den jüngsten Zinsrückgängen wieder an Dynamik zugelegt. Aus diesem Grund bieten Infrastrukturanlagen wieder ein attraktives Renditepotenzial, etwa im Vergleich zu Anleihen.
Zudem sind die Einnahmen häufig durch längerfristige und möglicherweise inflationsgebundene Verträge abgesichert. Dadurch können sie unkorrelierte Renditen, attraktive Cashflows, einen gewissen Inflationsschutz und insgesamt mehr Stabilität für ein Multi-Asset-Portfolio bieten.
Sie haben von Stabilität gesprochen. Ist diese wirklich vorhanden?
Christian Jost: Vermögenswerte aus dem Privatmarkt werden mit tieferer Frequenz bewertet. Dadurch können Anlegerinnen und Anleger die Volatilität in ihren Vermögensportfolios niedrig halten, was beispielsweise Pensionskassen eine bessere Stabilität ihres Deckungsgrades ermöglicht. Allerdings ist Vorsicht geboten, um nicht von einer niedrigen Volatilität auf ein geringeres Risiko zu schliessen. Stattdessen sollte man eine normalisierte langfristige Volatilität und damit die tatsächliche zugrunde liegende Stabilität sowie Widerstandsfähigkeit der Vermögenswerte genau untersuchen. Infrastrukturanlagen weisen in der Regel ein hohes Stabilitätspotenzial auf, müssen aber sinnvoll strukturiert sein, um dieses auch ausschöpfen zu können. Inzwischen haben wir rund zwölf Jahre Erfahrung mit Infrastrukturanlagen gesammelt und dabei nicht nur einfache Märkte erlebt. Als Analyst sind für mich vor allem die herausfordernden Marktphasen interessant, wie etwa in den Jahren 2020 (Coronakrise) und 2022 (Zinserhöhungen, Inflation). Wir haben festgestellt, dass unsere Portfolios ein hohes Mass an Stabilität bieten und unsere Erwartungen bis heute erfüllen.
Risiken und Diversifizierung
Worin besteht Ihrer Meinung nach das grösste Risiko bei Infrastrukturinvestitionen?
Ravi Parekh: Infrastrukturinvestitionen sind attraktiv, weil sie grundlegende Dienstleistungen erbringen. Sie sind oft mit regulierten und vertraglich vereinbarten Renditen verbunden, die bei den Anlegerinnen und Anlegern für relativ stabile Cashflows sorgen. Allerdings sind sie nicht ohne Risiko. Politische Kurswechsel können regulatorische Unsicherheiten mit sich bringen. Schlecht strukturierte Investitionen und Geschäftsmodelle können schnell zu suboptimalen Renditen führen, wie Christian Jost bereits erwähnt hat.
Sogar sogenannte Core-Deals sind nicht vor Risiken gefeit, da sie oft mit einem hohen Fremdkapitalanteil einhergehen. Und falls die Betriebs- und Finanzierungskosten nicht mit den Einnahmen übereinstimmen, entweder aufgrund fehlender Inflationsbindung oder nicht fixierter Fremdfinanzierung, können die Ergebnisse alles andere als ideal ausfallen.
Asset Manager können zwar Strukturierungsrisiken steuern, politische Risiken sind jedoch schwieriger vorherzusehen. Deshalb kommt es, wie bei jeder Anlagestrategie, auf die Diversifizierung an.
Was verstehen Sie unter Diversifizierung? Wie kann dies im Bereich Infrastruktur erreicht werden und auf welcher Ebene?
Ravi Parekh: Wir bei GCM Grosvenor sind der Meinung, dass eine intelligente Diversifizierung – über Regionen, Sektoren, Risikoprofile und sogar Jahrgänge hinweg – die Voraussetzung für eine beständige Outperformance ist. Der Bereich Infrastruktur ist eine breit gefächerte Anlageklasse mit einer Vielzahl von Geschäftsmodellen und Risiko-Rendite-Profilen. Deshalb ist eine strategische Streuung der Investitionen unerlässlich.
Bei der Diversifizierung geht es nicht nur darum, in welche Anlagen man sein Geld investiert, sondern auch um die Grösse der Transaktionen und darum, übermässig konzentrierte Portfolios zu vermeiden. Zudem kann die Zusammenarbeit mit verschiedenen Managern und Teams die Widerstandsfähigkeit und den langfristigen Erfolg weiter steigern.
Das sagt sich leicht, aber viele Manager von primären Fonds halten konzentrierte Portfolios, und Dachfonds sind teuer. Christian Jost, wie gehen Sie als Anleger mit dieser Herausforderung um?
Christian Jost: Ja, genau das war die Herausforderung, die wir vor unseren Investitionen in den Infrastruktursektor beobachtet haben. Wir waren bereits in regulären Private-Equity-Anlagen investiert, die ein etwas höheres Risiko-Rendite-Profil aufweisen. Mit den Infrastrukturinvestitionen wollten wir mehr Stabilität erreichen, und Diversifizierung ist einer der entscheidenden Faktoren, um dieses Ziel zu erreichen. Die Renditeziele von netto 8 bis 10 Prozent in US-Dollar sind ebenfalls niedriger als die regulären Renditeziele im Bereich Private Equity. Daher ist auch die Kosteneffizienz von grosser Bedeutung.
Wir haben uns für einen Co-Investment-Ansatz entschieden (siehe Textbox), mit dem sich ein flexibles und optimiertes Portfolio aufbauen und eine solide Managementdiversifizierung erreichen lässt. Da bei vielen Co-Investments weder Managementgebühren noch Carry anfallen, entfallen ausserdem oft die doppelten Gebührenebenen, die bei Dachfonds anfallen würden.
Co-Investitionen
Welches sind die wichtigsten Vor- und Nachteile von Co-Investitionen?
Ravi Parekh: Wir sind der Meinung, dass Co-Investitionen einen «privilegierten» Zugang zu Infrastrukturanlagen bieten. Dieser privilegierte Zugang ergibt sich aus mehreren zentralen Vorteilen: (i) Zugang zu erstklassigem Management in der Infrastrukturbranche, (ii) ein Überblick über den Markt, um Risiko-Rendite-Profile in verschiedenen Teilsektoren und Regionen zu vergleichen, (iii) mehrere Underwriting-Ebenen, (iv) minimale bis keine zusätzlichen Gebühren.
Eine zentrale Herausforderung im Zusammenhang mit Co-Investitionen besteht darin, ein starkes Team aus qualifizierten Underwritern mit breiter Marktabdeckung aufzubauen, damit diese Chancen effektiv genutzt werden können. Da Co-Investitionen meistens eine Minderheitsbeteiligung umfassen, ist es ausserdem von entscheidender Bedeutung, sich eng mit dem Lead-Management abzustimmen, um günstige Bedingungen und eine gut strukturierte Transaktion zu gewährleisten.
Managerauswahl
Bei Zurich Invest wenden Sie einen Best-in-Class-Ansatz an, um den besten externen Asset Manager für die entsprechenden Vehikel zu finden. Worauf sollte man bei der Auswahl eines Managers achten?
Christian Jost: Ein solider Deal-Flow ist für einen Co-Investment-Ansatz von zentraler Bedeutung. Der Asset Manager sollte guten Zugang zu den attraktivsten Transaktionen haben und eine angemessene Grösse aufweisen, um zu günstigen oder gar keinen Kosten in die Transaktionen einsteigen zu können. Man sollte auch prüfen, ob die Art der Transaktionen im Deal-Flow wirklich zur eigenen DNA passt. Des Weiteren sollte man die Richtlinie zur Asset-Allokation überprüfen und herausfinden, ob man wirklich eine anteilige Beteiligung an allen Co-Investitionen in der Pipeline erhält, wenn man lediglich Co-Investor ist. Dies ist nicht immer der Fall. Last but not least ist auch ein breit aufgestelltes und erfahrenes Team von entscheidender Bedeutung, um wirklich alle Transaktionen unabhängig zu analysieren und nur die besten Gelegenheiten auszuwählen.
Worauf sollten Anleger noch achten, bevor sie in den Infrastruktursektor investieren?
Christian Jost: Zusätzlich zu den erwähnten Aspekten der Diversifizierung und Kosten sind für Pensionskassen eine gute Governance sowie Überwachung und Kontrolle der Anlagen sehr wichtig. Ferner sollte die Struktur des Vehikels gut analysiert werden, insbesondere hinsichtlich der Steuereffizienz und Sicherheit. Des Weiteren sollte jeder Investor für sich abwägen, ob eine sogenannte geschlossene oder offene Lösung für ihn günstiger ist. Beide Optionen haben ihre Vor- und Nachteile (siehe Artikel).